Forschung & Innovation
Integrativer Biodiversitätsschutz
Um Naturschutz zu fördern und neu zu denken, experimentiert das Forschungs- und Innovationsteam Integrativer Biodiversitätsschutz unter der Leitung von Prof. Dr. Margaret Owuor mit neuen Schutzkonzepten und widmet sich drei zentralen Fragen:: Wie kann das Management verschiedener Schutzgebiete so gestaltet werden, dass sowohl die Natur als auch die Menschen davon profitieren? Wie lassen sich Konflikte zwischen Naturschutz und Sicherung der Lebensgrundlagen der lokalen Bevölkerung in gemeinsame Vorteile für beide Seiten umwandeln? Welche innovativen institutionellen Strukturen und Partnerschaften können gewährleisten, dass der Naturschutz auch den lokalen Gemeinschaften zugutekommt? Mit inter- und transdisziplinären Ansätzen analysiert das Team Ökosystemleistungen, polyzentrische Governance, naturbasierte Lösungen und nachhaltige Finanzierungsmodelle für den Naturschutz. Die Forschenden kombinieren integrative Wissenschaft und Grundlagenforschung mit Methoden zur Einbeziehung und Beteiligung von Interessengruppen, um den beidseitigen Nutzen für Umwelt und Gesellschaft zu maximieren. Darüber hinaus schaffen sie Anreize für eine ebenenübergreifende Zusammenarbeit zum Erhalt der Biodiversität an Land und im Wasser.
Interview mit Dr. Cornelius Okello, Senior Research Scientist im Forschungs- und Innovationsteam Integrativer Biodiversitätsschutz l Leitung: Prof. Dr. Margaret Owuor
Wichtigste Erfolge im Jahr 2023
1. Unterstützung von Forschung und Lehre
Nach einer Phase des Aufbaus nahm das Team im Februar 2023 mit voller Kraft seine Arbeit auf: Seither hat es sich an verschiedenen Aktivitäten mit anderen Kompetenzzentren der Wyss Academy beteiligt, so beispielsweise mit dem Hub Ostafrika, mit anderen Forschungsteams und mit dem Team für Politikgestaltung und Synthese. So haben die Forschenden zu einem gemeinsamen Verständnis und einer soliden Grundlage für die weitere Zusammenarbeit beigetragen. Das Team lancierte zudem eine Seminarreihe und entwickelte eine Lehrveranstaltung auf Bachelorstufe zum Thema «Integrativer Biodiversitätsschutz», die es dem Institut für Ökologie und Evolution der Universität Bern unterbreitete und die per Frühlingssemester 2024 ins Curriculum aufgenommen wird.
2. Förderung eines wissenschaftsbasierten politischen Diskurses
Im Rahmen seiner Forschung untersucht das Team die Governance-Kapazitäten für die Umsetzung des Globalen Biodiversitätsrahmens in nachhaltige und gerechte Praktiken innerhalb von Netzwerken zur Biodiversitätsgovernance. Im Jahr 2023 erreichte es dabei wichtige Etappenziele. In ihren Beiträgen zu verschiedenen globalen Bewertungsstudien hoben die Forschenden wichtige Trends bei der Bekämpfung des Biodiversitätsverlusts hervor und plädierten für einen Wandel in der Artenschutzforschung hin zu einer stärkeren Ausrichtung auf unterschiedliche gesellschaftliche und politische Bedürfnisse. Sie argumentierten, dass der Biodiversitätsverlust nicht nur eine Krise der Biodiversität sei, sondern vor allem auch eine Krise der bestehenden Governance-Kapazitäten, um dem Artenschwund wirksam entgegenzutreten. Durch die Veröffentlichung von wissenschaftlichen Artikeln und die Förderung eines wissenschaftsbasierten politischen Diskurses sowohl innerhalb der Wyss Academy als auch auf internationalen Konferenzen über die Umsetzung des Globalen Biodiversitätsrahmens in verschiedenen lokalen Kontexten legte das Team den Grundstein für weitere Forschungs- und Öffentlichkeitsarbeit in den kommenden Jahren.
Am Weltkongress 2023 der Internationalen Vereinigung für Landschaftsökologie IALE trug das Team zur Stärkung von Süd-Süd-Zusammenarbeit in der Forschung für den transformativen Wandel und zur Umsetzung globaler Ziele in lokales Handeln bei | Foto: IALE 2023
3. Monitoring von Lösungen für Wasserrückhaltung und Biodiversitätsschutz
Im Rahmen seines Forschungsprojekts zu naturbasierten Lösungen und Ökosystemleistungen begann das Team mit dem Monitoring der Wirkung von halbmondförmigen Erdwällen auf den Erhalt der Biodiversität und der Wasserressourcen sowie ihres Beitrags zu einer gesunden, funktionierenden Landschaft. In einem ersten Schritt entwickelte das Team in Zusammenarbeit mit seiner Partnerorganisation Natural State eine Reihe von Indikatoren für das Monitoring der ökologischen und sozialen Auswirkungen der halbmondförmigen Erdwälle. In Zusammenarbeit mit Partner*innen von der Universität Nairobi und den Nationalmuseen Kenias wurde an den Standorten der Erdwälle unter Verwendung verschiedener Biodiversitätsindikatoren eine ökologische Grundlagenerhebung zur Trockenzeit durchgeführt. Die Ergebnisse der Studie zeigen eine hohe Artenvielfalt in Bezug auf Vegetation, wirbellose Tiere, Amphibien, Vögel und Säugetiere. Im Rahmen der Studie wurden auch die sozioökonomischen Bedürfnisse der lokalen Gemeinschaften sowie die Ursachen und das Ausmass von Konflikten zwischen Menschen und Wildtieren in der Gegend ermittelt. Das Team verwendete zudem die eDNA-Technik, um die Biodiversität im Mikrobiom der halbmondförmigen Erdwälle zu erfassen und näher zu bestimmen. Dies geschah in Zusammenarbeit mit der Firma SimplexDNA, die das Team bei der DNA-Sequenzierung unterstützte.
Das Team arbeitet mit dem Hub Ostafrika der Wyss Academy und den lokalen Behörden zusammen, um gesellschaftliche und politische Bedürfnisse zu erfassen und auf dieser Grundlage Herausforderungen in den verschiedenen Landschaften anzupacken | Foto: County Laikipia
4. Stärkung der globalen Nord-Süd- und Süd-Süd-Zusammenarbeit
Im Jahr 2023 initiierte, unterstützte und realisierte das Team eine Zusammenarbeit mit der Universität Nairobi und deren Wangari Maathai Institute for Peace and Environmental Studies in Kenia. Diese Zusammenarbeit ist ein Meilenstein für die Präsenz der Wyss Academy in Kenia. Sie wird die gemeinsame Forschungs-, Bildungs-, Ausbildungs- und Öffentlichkeitsarbeit von Institutionen im globalen Norden und Süden in den Bereichen Biodiversitätsschutz, Klimaschutz und -anpassung, Governance und Nachhaltigkeit stärken. Darüber hinaus wird sie das umfangreiche und vielfältige Fachwissen der Universität Nairobi mit dem einzigartigen Ansatz der Wyss Academy zur Umsetzung von Wissen in die Praxis zusammenführen.
5. Dissertationsprojekte initiiert
Zwei Doktoratsstudierende definierten ihre Forschungsthemen und schlossen erste Feldarbeiten ab. Die eine Arbeit befasst sich mit der Bewertung von Ökosystemleistungen und der Entwicklung von Szenarien auf der kenianischen Insel Lamu, die andere mit der Bewertung von blauem Kohlenstoff aus Seegras für eine nachhaltige Finanzierung in Kenia und Südafrika. Beide Arbeiten tragen zum Ziel des Teams bei, unter Verwendung des Konzepts der «Beiträge der Natur für die Menschen» des Weltbiodiversitätsrats gemeinsame Vorteile für Menschen und Natur zu maximieren.
Pflanzung von Mangroven-Setzlingen in einem von der lokalen Gemeinschaft bewirtschafteten Mangroven-Wiederherstellungsgebiet während einer Erkundungstour auf Lamu, Kenia | Foto: Cornelius Okello